Am Montag wird Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Staatsbesuch in die Türkei fahren. Dabei werden kontroverse Fragen, wie der Beitritt der Türkei als EU-Vollmitglied und die Situation der in Deutschland lebenden Menschen mit türkischem Migrationshintergrund, aufgeworfen. Im Vorfeld bekräftigt Merkel ihren Vorschlag der privilegierten Partnerschaft, der türkische Ministerpräsident Recep Erdogan hingegen löste einige Irritationen aus, als er in einem Interview türkische Gymnasien in Deutschland forderte. Die Reise wird von allen Seiten sehr genau beobachtet werden.
Hauptgegenstandpunkt der Gespräche sind die Verhandlungen zum EU-Beitritt der Türkei in die EU. Seitdem die Türkei offiziell Beitrittsverhandlungen in 2005 aufgenommen hat, sind diese kaum vorangeschritten. In den Statuten der EU ist ein Scheitern gar nicht vorgesehen, d.h. rein rechtlich hat die Türkei den Anspruch auf die Aufnahme. Allerdings wehren sich einige Staaten, wie Frankreich unter Nicolas Sarkozy und Österreich, gegen eine volle Mitgliedschaft. Die privilegierte Partnerschaft soll die Zusammenarbeit in Umweltschutz, Wirtschaft und in der Sicherheitspolitik verstärken. Eine Beteiligung am Schengen-Abkommen, weiterhin die Beteiligung an den Agrar-Fonds sollen ausgeschlossen bleiben. Die privilegierte Partnerschaft wird von der türkischen Regierung kategorisch abgelehnt.
Seit 1963 gilt ein Assoziierungsabkommen zwischen EU und der Türkei. Erst in 2005 wurden offiziell die Beitrittsverhandlungen aufgenommen. Nun sind Stimmen aus der deutschen Wirtschaft zu vernehmen, die eine ergebnisoffene Verhandlung fordern. So fordert der BDI (Berufsverband der Deutschen Industrie) die Intensivierung der wirtschaftlichen Beziehungen, da die Türkei ein wichtigerer Handelspartner sei als Japan. Auch der Koalitionspartner FDP hat im Koalitionsvertrag ergebnisoffene Beitrittsverhandlungen festgeschrieben.
Die Türkei stellt für die EU einen interessanten Wachstumsmarkt dar. Zudem ist die geostrategische Lage des Nato-Mitgliedes Türkei von immenser Wichtigkeit, gilt doch das Land als Brückenkopf zum Mittleren Osten. Zudem kann die Transformation eines mehrheitlich islamisch geprägten Landes in eine rechtsstaatliche Demokratie eine wichtige Signalwirkung auf die gesamte islamische Welt haben. Andererseits ist die wirtschaftliche Struktur des Landes noch nicht EU-kompatibel. Auch die Aufnahme eines islamisch geprägten Landes löst Unbehagen im christlichen Europa aus. Darüber hinaus befindet sich die Türkei mehrheitlich auf asiatischem Gebiet. Auch die CDU verkennt die Wichtigkeit der Türkei nicht, wird ihr doch zumindest eine privilegierte Partnerschaft geboten, um das Land an die EU zu binden. Nicht auszumalen was passiert, wenn die Türkei sich von der EU abwendet und neue Partnerschaften sucht. Schon die jetzige Regierung hat sich deutlich an den Iran genähert, was den europäischen Interessen nicht dienlich ist. Wie sich nun die Türkei in der Zukunft positionieren wird, scheint maßgeblich in den Händen der europäischen Staatschefs zu liegen.
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