Die Abrissarbeiten am Hauptbahnhof von Stuttgart haben begonnen, das Milliarden-Projekt der Deutschen Bahn wird damit nun realisiert, trotz massiver Widerstände aus der Stuttgarter Bevölkerung. Bagger haben angefangen, den Nordflügel des Hauptbahnhofs abzureißen. Nur wenige Protestierende fanden sich hierzu ein, die Polizei hat die Protestierenden, die mit einer Sitzblockade den Bau verhindern wollten, abgeführt und droht nun mit einer strafrechtlichen Verfolgung. Heute Abend soll eine Menschenkette aufgestellt werden, die Veranstalter rechnen mit zehntausenden Teilnehmern. Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte am Mittwoch einen Eilantrag der Stuttgart 21 Gegner abgelehnt. Stuttgart 21 soll den Hauptbahnhof unterirdisch verlegen, die freiwerdenden Flächen sollen städtebau-technisch sinnvoll genutzt werden. Das Projekt Stuttgart 21 sieht einen Kostenrahmen von 4,1 Milliarden Euro vor und soll sich laut Planungen in 30 Jahren amortisieren.
Ähnliche Projekte wie Stuttgart 21 wurden in anderen Städten fallen gelassen (Frankfurt, München), weil die Landesregierungen keine Vorteile sahen. In Baden-Württemberg wurde die Umsetzung schon in den 80er Jahren diskutiert. Dabei soll der bestehende Kopfbahnhof (19 Gleise) unterirdisch verlegt werden, die Züge sollen (dank der Tunnel) schneller ein- und abfahren können. Der Bahnhof wird dabei gleichzeitig zu einem Durchgangsbahnhof umgestaltet. Eine weitere Anbindung des Flughafens Stuttgart an die Fernverkehrszüge ist Teil des Projektes Stuttgart 21. Bislang wurden 90 Grundwasser-Messstellen eingerichtet, um den Einbruch von Grundwasser rechtzeitig erkennen zu können. Durch die Verlegung des Hauptbahnhofes sollen 100 Hektar Baufläche frei werden, die Stadt Stuttgart hat einen Großteil dieser Flächen aufgekauft, 2001 entrichtete die Stadt hierfür 459 Millionen Euro.
Fahrtzeitverkürzungen soll es somit auf allen Strecken geben, so die Planung. Nicht nur der Flughafen, sondern auch die Neue Landesmesse soll an das Schienennetz angebunden werden. Damit soll ein erhöhtes Verkehrsaufkommen und höhere Passagierzahlen erreicht werden. Nach einer Kostenschätzung aus 2009 wird das Projekt Stuttgart 21 insgesamt 4,1 Milliarden Euro kosten, die Deutsche Bahn trägt hiervon 1,5 Milliarden Euro, der Bund 1,3 Milliarden Euro, das Land Baden-Württemberg 823 Millionen Euro, die Stadt Stuttgart 240 Millionen Euro und der Flughafen Stuttgart steuert weitere 230 Millionen Euro hinzu. Der Verband Region Stuttgart schiesst weitere 100 Millionen hinzu. Dementsprechend gibt sich Verkehrsministerin Tanja Gönner (CDU) sicher: “ Wir glauben, dass es ein für die Zukunft des Landes ganz entscheidendes Infrastrukturprojekt ist – und deswegen fallen wir jetzt nicht um.“
Dieser Kosteneinschätzung widersprechen viele Gruppierungen. Ein Gutachten, welches im Auftrag von Bündnis 90/ Die Grünen und der Naturschutzorganisation BUND in erstellt wurde, rechnet eher mit Kosten in Höhe von 6,9 bis 8,7 Milliarden Euro. Neben den umstrittenen Kosten gibt es auch ökologische und bauliche Bedenken. Der heutige Bahnhof wurde 1987 als Kulturdenkmal nach § Denkmalschutzgesetz (DSchG) eingestuft, soll aber laut Planungen in teilen abgerissen werden. Im Zuge der Realisierung müssen 283 Bäume im angrenzenden Schloßgarten gefällt werden, dafür will die DB 292 neue Bäume pflanzen. Des Weiteren befürchten Projektgegner die Verschmutzung der Mineralwasserquellen in Stuttgart-Bad Cannstatt. In der Vergangenheit wurden Alternativ-Vorschläge (wie Kopfbahnhof 21) allesamt abgewiesen, Stadt, Bundesland und die Deutsche Bahn scheinen das Prestigeobjekt verwirklichen zu wollen. Ob die Gegner, oder aber die Befürworter für das Projekt Stuttgart 21 recht behalten werden, wird sich in Zukunft zeigen, gebaut wird der neue Bahnhof auf jeden Fall.
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