Einstimmig berichten deutsche Medien, Ole von Beust werde morgen auf einer Pressekonferenz seinen Rücktritt als Erster Bürgermeister von Hamburg bekannt geben. Die Nachricht überraschte zwar die Medienlandschaft, aber nicht die Kenner der politischen Lage in Hamburg. Ole von Beust hatte schon etliche Male durchblicken lassen, dass er nicht ganz so zufrieden war. Vor dem Volksentscheid über die neue Schulreform (Sechs Jahre Primarschgule, Abschaffung der Hauptschule) habe er schon seinen Rücktritt bekannt geben wollen, doch der Koalitionspartner von den Grünen habe von Beust von seinem Vorhaben abringen können. Nun scharen schon potentielle Nachfolger ihre Füße, auf der einen Seite der konservative Christoph Ahlhaus (Innensenator), auf der anderen Seite Dietrich Wersich (Sozialsenator).
Mit Ahlhaus wird es nicht einfach für die CDU-Grüne Koalition in Hamburg, dass weiß auch Christa Goetsch (Schulsenatorin und zweite Bürgermeisterin). Die Grünen gaben sich auch ahnungslos, von Beust hätte den Koalitionspartner nicht unterrichtet. Während von Beust integrativ wirken kann (wie mit dem Rechtsausleger und Kokainliebhaber Schill, Richter Gnadenlos in 2001), scheinen Ahlhaus und die Grünen sich nicht wirklich riechen zu können. Hier hat Wersich die besseren Karten.
Doch nun tritt die wiedererstarkte SPD in den Vordergrund, der Vorsitzende der Hamburger SPD Olaf Scholz fordert Neuwahlen, wohlwissend dass die CDU momentan kaum Rückhalt aus der Bevölkerung erfährt. Dies liegt nicht nur an der Bundes-CDU und der Bundesregierung, sondern sind zum Teil hausgemachte Probleme. Da gibt es die Verärgerung über das Kohlekraftwerk, das grüne Wählerklientel war wenig begeistert von der Entscheidung, dieses zu bauen. Da gibt es einen regelrechten Aufstand gegen die geplante Schulreform, da werden nur die Gehwege von CDU-Politikern im Winter gefegt, die Stadtwerke sind nachteilig verkauft, die HSH Bank in der Krise etc.
Der ehemalige Waldorf-Schüler von Beust hat seit neun Jahren das Amt des Ersten Bürgermeisters inne, und er ist anscheinend amtsmüde. Vielleicht ist er auch enttäuscht, Bundeskanzlerin Merkel hat ihn letztes Jahr nicht als Minister ins Bundeskabinett einberufen, hat ihn auch nicht mal bedacht, als der vakante Posten des Bundespräsidenten neu zu besetzen war. Er, der Merkel beistand (anders als ein machtbewußter Koch), musste irgendwann das Gefühl haben, für seine Loyalität nicht belohnt zu werden. Auch wenn insgesamt sechs CDU-Ministerpräsidenten innerhalb eines Jahres ihre Hüte nahmen (der abgewählte Rüttgers, Koch, Althaus, Oettinger, Wulff), Merkel wird vorerst in ihrer Position gestärkt. Sie scheint viel von Bundeskanzler a.D. Kohl gelernt zu haben, das Mädchen von Kohl eben. Mittelfristig werden neue Politiker in der CDU-Hierarchie nach oben stoßen, das bedeutet keinen Beinbruch für die CDU. Ein optimales Bild vermittelt die amtierende Regierungspartei dennoch nicht, und das werden die Wähler vielleicht beim nächsten Wahlgang in Hamburg im Hinterkopf bewahren.
Es wäre eine schöne Überraschung und vielleicht sogar taktisch klug, wenn Ole von Beust morgen erklären würde, er werde eben nicht zurück treten. Doch wenn er morgen wirklich seinen Rückzug aus der Politik erläutert, wird von Beust wahrscheinlich bis zum 25. August die Regierungsgeschäfte weiter führen. Ahlhaus hat anscheinend die besten Karten, um als nächster Bürgermeister in Hamburg ernannt zu werden, die Hamburger CDU scheint eher geneigt, auf Ahlhaus zu setzen. Ob dadurch Neuwahlen in Hamburg ausgerufen werden, wird die CDU auf jeden Fall verhindern wollen, falls es doch Neuwahlen gibt, scheint sich die SPD nach 1991 auf die Regierung vorbereiten zu dürfen.
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