In Italien haben tausende Journalisten am heutigen Tag einen Boykott gegen Berlusconi veranstaltet, nahezu die gesamte italienische Presse hat sich dieser Aktion angeschlossen. Ihre Proteste richten sich gegen ein neues Abhör-/Mediengesetz der italienischen Regierung, welches die Veröffentlichung von unrechtmäßigen Abhörprotokollen oder Ermittlungsakten unter Strafe stellt. Während die meisten italienischen Medienvertreter hierin eine Art „Maulkorbgesetz“ und damit die Pressefreiheit eingeschränkt sehen, argumentieren Regierungsvertreter mit dem Schutz von Persönlichkeitsrechten, welche vor dem unerlaubten Zugriff der italienischen Presse geschützt werden müsse.
So waren heute nur ganz wenige Zeitungen erhältlich, meist waren es Blätter aus dem Berlusconi-Imperium, wie Il Giornale. Die meisten anderen Zeitungen haben sich dem Aufruf des italienischen Journalistenverbandes FNSI (Federazione Nazionale Stampa Italiana) angeschlossen, der Verband erklärte den heutigen Tag zum „Tag des Schweigens“. In dem besagten Gesetzesentwurf können Journalisten bei Verstoß gegen das Gesetz mit Haftstrafen sanktioniert werden, Verleger müssen mit saftigen Geldstrafen rechnen. Auch solidarische Bekundungen vom Deutscher Journalisten-Verband (DJV) sind zu vernehmen. Dem Aufruf sind nicht nur die Printmedien gefolgt, sondern auch eine Reihe von Fernseh- und Radiojournalsiten nahmen an der Aktion teil. Ab dem morgigen Tag werden die Zeitungen wie gewohnt erscheinen. Das Gesetz wurde im italienischen Senat schon beschlossen und soll Ende des Monats in der Abgeordnetenkammer behandelt werden.
In der Tat scheint Berlusconi je nach Belieben Gesetze in Italien zu seinem eigenen Gunsten zu verändern, so änderte seine Regierung Gesetze der Strafverfolgung, um eben selber einer möglichen Strafverfolgung zu entgehen. In dem aktuellen Gesetzesentwurf argumentiert die Regierung, die Privatsphäre der Menschen in Italien besser schützen zu wollen. In Italien sind Abhörmaßnahmen durch die Presse ein beliebtes Mittel. Auf der anderen Seite scheint die Pressefreiheit eingeschränkt zu werden, Journalisten und Verleger müssen Anbetracht drakonischer Strafen abwägen, was sie demnächst veröffentlichen oder nicht. Zudem sind die meisten Mißstände, insbesondere die Vertrickungen der Mafia mit staatlichen Organen, erst durch Abhörmaßnahmen der Presse ans Tageslicht gebracht worden. Ob das Gesetz im Einklang mit der allgemeinen Pressefreiheit steht, darf zu Recht bezweifelt werden.