Derzeit kämpft der britische Öl-Multi BP gegen die selbstverursachte Ölkatastrophe im Golf von Mexiko und kann erste zaghafte Erfolge vermelden. In diese Idylle platzt nun der Vorwurf, BP hätte aus wirtschaftspolitischen Erwägungen die Freilassung des am „Anschlag von Lockerbie“ beteiligten libyschen Terroristen Abdel Basset al-Megrahi bei der schottischen Regierung herbeigeführt. Dieser Vorwurf war denn auch das zentrale Thema beim Staatsbesuch des britischen Premierministers Cameron bei US-Präsident Barack Obama in Washington. Die Freilassung des Terroristen sei zwar falsch gewesen, so Cameron, warnte jedoch davor, dies am Einfluss des Öl-Giganten BP auf die Regierung festzumachen. Ein Blick hinter die Kulissen lässt jedoch genau diesen Einfluss befürchten.
Freilassung des Lockerbie Attentäters: Einfluss von BP?
Nach der überraschenden Freilassung des am Lockerbie-Anschlag beteiligten Terroristen aus Libyen werden Vorwürfe laut, der Ölkonzern BP hätte die Regierung zu diesem Entschluss gedrängt. Libyen und BP haben ein Abkommen zur Erschliessung von Ölvorkommen vor der libyschen Küste unterzeichnet. Die Bohrungen sollen ungeachtet der aktuellen Ölkatastrophe im Golf von Mexiko bereits im August diesen Jahres beginnen. Um diesen Vertrag nicht zu gefährden, soll BP die schottische Regierung zur Freilassung des Lockerbie-Attantäters Abdel Basset al-Megrahi gedrängt haben. New Yorks Senator Chuck Schumer kritisierte folgerichtig den Einfluss von BP auf die britische Regierung und wirft dem britischen Premierminister Cameron vor, BP und Großbritanien dürften nicht „mit einem Deal Profit machen auf Kosten von Terrorismusopfern“. Diesem Vorwurf begegnet Cameron sichtlich erzürnt mit den Worten: die Entscheidung zur Freilassung des Terroristen „war absolut falsch. Aber diese Entscheidung wurde nicht von BP gefällt, sondern von der schottischen Regierung“. Gleichwohl gibt er zu, BP hätte die britische Regierung auf „mögliche negative Auswirkungen auf die Wirtschaftsinteressen“ des Landes hingewiesen.
BP mit Ölbohrungen im Mittelmeer trotz der aktuellen Ölkatastrophe im Golf von Mexiko
Bereits im Jahr 2007 wurde das Abkommen zwischen der libyschen National Oil Corporation (NOC) und BP zur Erschließung von Ölvorkommen vor der libyschen Küste im Sirte-Becken geschlossen. Der Vertrag über 900 Millionen Dollar sei der bis dato größte Fördervertrag von BP gewesen. Im Rahmen der Ölbohrungen will BP bis zu 20 Milliarden Dollar in die Erschließung investieren. Die Ölbohrungen sollen trotz der aktuellen Ölkatastrophe vor der US-amerikanischen Küste im August 2010 beginnen. Daran hält auch der libysche Direktor für internationale Zusammenarbeit bei der NOC, Ahmed el Tardi, fest und lässt keine Zweifel am Vorhaben aufkommen: „In der Ölindustrie hat es immer Unfälle gegeben und wird es immer Unfälle geben – daran führt kein Weg vorbei“.