Die Bundeswehr der Zukunft wird voraussichtlich aus 165.000 Soldaten bestehen und freiwillig dienende Wehrpflichtige einschließen. Die Wehrpflicht würde praktisch ausgesetzt. Dieses Modell wird nach Informationen aus Regierungskreisen von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg bevorzugt, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“ am Freitag.
Auch in den Koalitionsfraktionen werden diesem Plan die besten Chancen eingeräumt. Unter Leitung von Generalinspekteur Volker Wieker hat das Verteidigungsministerium fünf Personalmodelle für den künftigen Umfang der Bundeswehr durchgerechnet. Guttenberg will sie am 23. August im Verteidigungs- und im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags erläutern. Zuvor will er Bundeskanzlerin Angela Merkel informieren. Die zunächst von ihm selbst ins Gespräch gebrachte Radikallösung mit einer Reduzierung des gesamten Personals von jetzt 250.000 auf 150.000 Mann bei gleichzeitigem Verzicht auf die Wehrpflicht hat Guttenberg bereits verworfen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung gibt er jetzt „Variante4“ den Vorzug. Sie sieht vor, die jetzige Zahl von 195.000 Zeit- und Berufssoldaten auf 156.000 zu reduzieren. Die Wehrpflicht soll erhalten bleiben, doch sollen nur solche Rekruten eingezogen werden, die sich freiwillig dazu bereit erklären. Die Planer rechnen mit 7.500 Freiwilligen pro Jahr. Zusammen mit einigen anderen Stellen, etwa bei der Flugbereitschaft oder bei der Sportförderung, käme die Bundeswehr auf eine Gesamtstärke von 165.000 bis 170.000 Soldaten. Eine Bundeswehr in dieser Größenordnung wäre nach Ansicht von Militärexperten der Koalition bezahlbar und könnte ihre Aufgaben erfüllen. Ein freiwilliger Dienst ist nach dem Wehrpflichtgesetz möglich. Die Wehrpflicht würde praktisch ausgesetzt, bliebe aber im Grundgesetz erhalten. Das müsste nach Ansicht der Reformbefürworter auch für diejenigen in der Union akzeptabel sein, die an der Wehrpflicht festhalten wollen. Andererseits käme die Regelung der FDP entgegen, welche die Wehrpflicht ganz abschaffen möchte. Auch die SPD könnte diesem Modell wahrscheinlich zustimmen; ein freiwilliger Wehrdienst entspricht ihrem eigenen Konzept. Allerdings müsste dieser freiwillige Dienst dann länger dauern als die sechs Monate, auf welche die Wehrpflichtzeit gerade erst reduziert worden ist. Nach den Vorstellungen der Reformer sollte er mindestens ein Jahr dauern, aber flexibler nach den Wünschen der Betroffenen gestaltet werden. Auch müssten für die freiwillig Dienenden mehr finanzielle und praktische Anreize wie etwa ein leichterer Zugang zum Studium geschaffen werden. Bis die Reform Gesetz wird, dürfte aber noch einige Zeit verstreichen. Nach jetzigem Stand der Planung sollen die Parteitage von CDU und CSU im Herbst abgewartet werden, was wegen des hohen Symbolwerts der Wehrpflicht für viele Christdemokraten geboten erscheint. Auch die Empfehlungen der Kommission für die künftige Struktur des Ministeriums unter dem Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, die bis November vorliegen sollen, müssen berücksichtigt werden. Nach jetzigem Stand zeichnet sich ab, dass die Stellung des Generalinspekteurs und die Rolle des Planungsstabs deutlich gestärkt werden sollen. Damit würde auch der Minister über einen schlagkräftigeren Apparat verfügen, was wohl nicht allen Politikern der Koalition recht wäre.
Diese Meldung der dts Nachrichtenagentur aus Berlin wurde am 13.08.2010 um 01:00 Uhr mit den Stichworten DEU, Militär übertragen.