Schon in den Anfangsjahren der Odenwaldschule sind offenbar mehrere Schüler sexuell missbraucht worden. Historische Briefe enthalten Hinweise auf mehrere Übergriffe durch Lehrer nach der Gründung der Schule vor hundert Jahren, berichtet der „Spiegel“ in seiner am Montag erscheinenden Ausgabe. So schildert eine Mutter 1924 in einem Brief an die Schulleitung detailliert, dass ihr zwölfjähriger Sohn von einem Erzieher missbraucht worden sei.
Die Erziehungswissenschaftlerin Christl Stark, die viele tausend Briefe von Eltern an den Schulgründer Paul Geheeb und dessen Frau ausgewertet hat, schrieb in ihrer Dissertation 1998: „Viel häufiger als über homoerotische Aktivitäten seiner Kollegen verlangen Eltern von Geheeb Rechenschaft über vermutete oder bewiesene sexuelle Beziehungen ihrer Töchter zu Mitarbeitern der Odenwaldschule.“ Manche Eltern legten ihren Schreiben an die Schule Liebesbriefe bei, die ihre Töchter von Lehrern in den Ferien erhalten hatten. In den Briefen an die Schulleitung klagten Eltern auch über sexuelle Übergriffe durch ältere Schüler. Die Odenwaldschule ist ein bekanntes Landerziehungsheim im hessischen Heppenheim. Ehemalige Schüler berichten über zahlreiche Missbrauchsfälle seit den sechziger Jahren. Zwei Juristinnen, die von der Schule mit der Aufklärung beauftragt worden sind, zählten zuletzt mehr als ein Dutzend Beschuldigte und über 70 Opfer.
Diese Meldung der dts Nachrichtenagentur aus Heppenheim wurde am 17.07.2010 um 15:16 Uhr mit den Stichworten DEU, Sexualstraftaten, Bildung übertragen.