Als das Format Big Brother erstmals 2000 in Deutschland gesendet wurde, hieß es allenthalben dies sei der Untergang der Gesellschaft, oder zu mindestens ein Tabubruch, da das private Leben der Teilnehmer schonungslos im Fernsehen ausgestrahlt wird. Inzwischen läuft die 10. Staffel von Big Brother, die anfänglichen Vorbehalte sind weitestgehend verstummt und Endemol, die Produktionsfirma die das Sendeformat erfunden hat, hat ihr Erfolgsformat inzwischen in 70 Länder der Welt exportieren können. Die aktuelle zehnte Staffel von Big Brother in Deutschland läuft seit dem 11. Januar und wird nächste Woche zum 9. August enden, insgesamt wird die Produktion 211 Tage Menschen im Container nonstop beobachtet haben und Ausschnitte hiervon senden. Hartgesottene Fans haben über den Pay-TV Sender Sky und übers Internet (Clipfish) die Möglichkeit, 24 Stunden am Tag dem Treiben der Menschen im Container zu verfolgen. Der Publikumsmagnet der zehnten Staffel heißt Klaus, auch Callboy Klaus, oder von RTL II liebevoll Erotik-Admiral oder Textil-Allergiker genannt, musste heute nach dem Zuschauervoting überraschend das Haus verlassen. Doch allen Unkenrufen zum Trotz, das Format Big Brother ist nicht nur Trash-TV vom Feinsten, sondern auch ein Abbild gesellschaftlicher Verhältnisse im Mikrokosmos, und als Dreingabe auch noch zutiefst demokratisch.
Wieso demokratisch, mag man fragen? Nun zum einem werden innerhalb der Bewohner die Abschuss-Kandidaten frei gewählt (gewissermaßen horizontale Demokratie, da von Sympathien und der Hierarchie innerhalb des Hauses bestimmt), diese werden dann schließlich von den Zuschauern (die selbstverständlich eine teure Telefonnummer nutzen müssen, betriebswirtschaftlich sinnvoll für den Sender) aus dem Haus gewählt (vertikale Demokratie?). Dieses System wünschte Mancher sich bei einigen anderen TV-Formaten, die Akteure beurteilen sich gegenseitig, Zuschauer können unliebsame TV-Angestellte bequem per Anruf rauswählen und finanzieren gleichzeitig damit die Sendung, wenn das nicht direkte Demokratie ist! GEZ und Oliver Pocher adé !
Nun zurück zum TV-Format Big Brother. Die Bewohner werden in Container untergebracht und gleichzeitig hermetisch von der Umwelt und der Gesellschaft abgeriegelt. Die Ergebnisse der deutschen Fußballmannschaft während der WM sind ein Highlight, die per Ansage durchgegeben werden. Um die Bewohner auf Trab zu halten (und nicht geistig verkümmern zu lassen), müssen die Teilnehmer um Nahrung und Luxus (Zigaretten!) Spiele bestehen, bei Nicht-Bestehen sehen sich die Teilnehmer diverser Diäten ausgesetzt. Da die Ressourcen bewusst knapp und die Räumlichkeiten eng gehalten werden, sind Konflikte unter den Bewohnern vorprogrammiert. Gerüchte, üble Nachreden, doppeltes Spiel und offene Streitigkeiten machen Big Brother spannender, als jede abgelutschte Soap-Opera je sein kann, zumal hier nicht Laiendarsteller Emotionen vorspielen, sondern wirklich Betroffene gnadenlos aus jedem Winkel live aufgenommen werden.
Unser Protagonist Klaus (wahlweise Call-Boy, Porno-Darsteller, DSDS-Kandidat oder TV-Proll) hat im Sturm die Zuschauer polarisieren können, die Einen fanden ihn eklig und schleimig, Andere fanden seine direkte, aber herzliche Art angenehm. Man mag keine Frau in die Nähe von Klaus lassen (und im Gegensatz zu früheren Big Brother Staffeln gab es diesmal keinen Sex vor laufender Kamera), doch im Laufe der Show entpuppte sich Klaus nicht nur als genialer Taktiker, sondern auch als Mensch aus Fleisch und Blut. Er kickte reihenweise andere Bewohner des Hauses im direkten Duell im Zuschauervoting, ließ sich gar bewusst auf die Abschussliste setzen. Er galt schon als Gewinner der aktuellen Staffel (mit einer Entlohnung von 250.000 Euro), doch er wurde heute überraschend von den Zuschauern rausgewählt, trotz aller Buh-Rufe in der Live-Sendung. Vielleicht hatte Klaus sich verschätzt, als er im Karussell der Allianzen auf die älteste Teilnehmerin Anna setzte, vielleicht waren es die Zuschauer Leid ihn zu sehen. Sicher ist, Klaus ist raus aus dem Haus, ob er in Zukunft bei Neun Live die allabendlichen Gameshows (oder Abzocke auf gut deutsch) moderieren wird, wie andere Gewinner von Big Brother, ist bislang nicht sicher.
Nächste Woche wird der Gewinner von Big Brother 10 von den Zuschauern gewählt, Online-Presseportal wagt sich aus der Deckung und gibt den Gewinner an. Der Gewinner von Big Brother wird heißen: RTL II und Endemol, denn diese scheffeln so viel Geld mit der Show (inklusive einer CD, die von den Bewohnern mehr schlecht als recht eingesungen wurde), dass der Gewinn von 250.000 Euro locker zu verschmerzen sein wird. Wir freuen uns auf die nächste Staffel von Big Brother und auf weitere gesellschaftliche Analysen im Mikrokosmos von Big Brother, denn wie heißt es so schön, the show must go on.
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