Als die Kommission für „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ unter Leitung des ehemaligen VW-Managers Peter Hartz 2002 einen Bericht zur Reform des Sozialstaates der damaligen Rot-Grünen Regierung vorlegte, waren primäres Ziel die Halbierung der Arbeitslosenzahlen bei gleichzeitiger Reduzierung der Kosten für den Sozialstaat. Keines der Ziele wurde auch nur annähernd erreicht, dafür müssen die Sozialgerichte in Deutschland heute eine Welle von Klagen abarbeiten, gleichzeitig offenbaren sich Risse in der Gesellschaft Deutschlands. Während einige Protagonisten eine Verarmung der ärmeren Schichten ausmachen wollen, bezeichnen Andere die Hartz-4 Sätze immer noch als zu hoch. Der Europäische Gerichtshof (2005 Lockerung des Kündigungschutzes für ältere Arbeitnehmer), das Bundesverfassungsgericht (2007 Entscheidung über Argen und 2010 Berechnung der Regelleistung) und das Bundessozialgericht (2009 eben diese Regelleistung für Kinder) haben Bestandteile der Hartz-Reformen beanstandet oder für Verfassungswidrig erklärt. Nun muss die amtierende Regierung der CDU/CSU/FDP-Koalition erneut an den Hartz-4 Gesetzen drehen. Nun will die Bundesregierung die Höhe der Hartz-4 Sätze politisch festlegen, unter Bezugnahme der Wirtschaftsdaten aus 2008.
Dabei will die Bundesregierung den Beanstandungen des Verfassungsgerichtes folgen, und die Regelsätze für Kinder neu bestimmen. Die bisherige Regelung, wonach Kinder zwischen sieben und dreizehn Jahren 60 % und Kinder zwischen 14 und 17 Jahren 80 % eines alleinstehenden Erwachsenen bekommen, erklärte das Bundesverfassungsgericht als nichtig, da der Mehrbedarf für die Ausbildung weder benannt noch berücksichtigt wurde.
Nun will die Regierung allem Anschein nach den Mehrbedarf für Heranwachsende berücksichtigen, wird aber die Form den Kommunen überlassen (Bildungschipkarte, Gutscheine, Zuzahlungen etc.), es sollen mehrere Modelle nebeneinander laufen, um das beste System ausfindig zu machen.
Zusätzlich wird die Anbindung der Hartz-4 Sätze nicht mehr an die Entwicklung der Renten gekoppelt, sondern an der Entwicklung der Löhne und Preise. Für die Kostenübernahme der Miete will die Bundesregierung Pauschalen verteilen, die regional unterschiedlich gewichtet sind (also gekoppelt an Mietspiegeln). Übernahm bislang die Behörde die Miete einer angemessenen Wohnung, will sie demnächst Pauschalen verteilen. Ein Umzug in eine günstigere Wohnung könnte sich für eine Familie lohnen, denn den Rest der Pauschale darf sie einbehalten. Ob diese Entscheidung klug ist, darf bezweifelt werden. Zum einem könnte eine Regelung dieser Art langfristig einen Vorschub für die urbane Konzentration von Hartz-4 Empfängern (salopp formuliert, eine Ghettoisierung der Hartz-$ Empfänger) bieten, zum anderen ist nicht geklärt, wie die Festlegung der Mietpauschale realisiert wird, in Zeiten eines von der Politik per se definierten Sparzwanges könnte die Verlockung zu groß werden, an dieser Preisschraube zu drehen.
Die bisherige Umsetzung der Hartz-Vorschläge hat ziemlich genau das Gegenteilige erlangt, was eigentlich am Anfang beabsichtigt wurde. Die Kosten sind nicht gefallen, sie sind gestiegen. 2005 stiegen die Sozialausgaben für Arbeitslose von erwarteten 14,6 Milliarden auf 25,6 Milliarden Euro, Tendenz stetig steigend. Mehrere Faktoren, wie eben die erwähnte Klagewelle und die Bildung neuer Bedarfsgemeinschaften (die vor der Hartz-Reform keinerlei Bedeutung hatten, nun aber evident wichtig sind, um entsprechende Sozialgelder zu erhalten) haben die Kosten anschnellen lassen. Das Grundlegende, die wirtschaftliche Entwicklung, wurde eben nicht berücksichtigt. Bestandteile der Hartz-4 Pakete, wie Ich-AG, Vermittlungsgutscheine oder Personal-Service Agenturen, haben sich als nicht effizient herausgestellt und wurden folgerichtig eingestampft. Zudem hat die Einrichtung des Niedriglohnsektors, begleitend innerhalb der Agenda 2010, auch unmittelbare Folgen, nicht nur gesellschaftliche, sondern auch für die Staatsfinanzen. Wie man es dreht oder wendet, die Politik wird an der Hartz-4 Regelung weiter werkeln, oder in Zukunft eine neue Heilsversprechung platzieren, die auch nicht wirken wird.
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Na ja, sowas habe ich vorhergesehen bereits 2006 in der polnischen Presse. Die Regierungs-Indolenz in der BRD – ein sehr trauriges Faktum, denn Schicksal der kleinen Leute in Deutschland hat Einfluß auf Rest Europas, zumindest im wirstchaftlichen Sinne.