Pädophilie als Problem der Gesellschaft und als gesellschaftliches Problem: ein Kommentar

In den vergangenen Monaten wurden viele Fälle von Pädophilie, also Kindesmissbrauch, in der Öffentlichkeit bekannt. Die Vorfälle an der Odenwaldschule mit dem kürzlich verstorbenen Ex-Schulleiter Becker oder die Missbrauchsvorfälle in der katholischen Kirche machen deutlich, dass Pädophilie ein Problem der Gesellschaft darstellt, fürwahr steht zu befürchten, dass die bekannten Vorfälle nur die Spitze des Eisberges darstellen. Es ist höchste Zeit, Pädophilie auch als gesellschaftliches Problem zu diskutieren, also ob gesellschaftliche Funktionen Pädophilie in dieser Art begünstigen. Um es von vornerein klar zu machen; hätte der Autor Kinder, und würde der Autor einen Triebtäter auf frischer Tat erwischen, wie dieser seine Kinder missbrauchen würde, der Triebtäter müsste um sein Leben fürchten, Strafgesetzbuch hin oder her. Aber selten ist die Opfersicht die wirklich Richtige, es ist normal, dass Menschen Schutzbedürfnisse gerade bei Kindern verspüren, immerhin ein Erfolgsgeheimnis der Gattung Homo Sapiens. Ob die Aufladung dieses Problems mit Emotionen der richtige Weg ist, um möglichst alle Missbrauchsfälle zu verhindern, darf bezweifelt werden.

Pädophilie als Problem der Gesellschaft

Selbst das Kindchenschema auf  Tiere angewendet (große Augen, hohe Stirn, Pausbäckchen), löst bei Menschen positive Emotionen aus, die meisten Menschen finden einen Hundewelpen oder einen Katzenwelpen niedlich, selbst wenn diese Menschen Tiere eigentlich nicht mögen. Wie weit müssen dann diese Emotionen bei Menschenkinder reichen? Dieses Schema liegt in der Evolution, ein bedrohtes Kind löst mehr Emotionen aus als ein bedrohter Erwachsener. Dadurch ist die „Brutpflege“ (nicht abwertend gemeint!) bei der Gattung Mensch sehr stark ausgeprägt, kein anderes Raubtier (wenn wir Menschen zu Raubtieren zählen) hat so eine lange Kindheit, kein anderes Baby ist so hilflos und schutzbedürftig wie ein Menschenbaby. Ein sexueller Übergriff auf ein Kind zerstört nicht nur die Seele dieses Kindes (und verursacht meistens psychische Krankheiten), sondern stellt auch berechtigterweise einen Angriff auf die Gesellschaft selber dar, Sanktionen sind die normalen Folgen. Der gesellschaftliche Konsens zum Schutz von Kindern reicht so weit, dass Kinderarbeit und Kindersoldaten gesellschaftlich verpönt sind. Eine gesunde Gesellschaft und eine prosperierende Volkswirtschaft lässt Kindern einen gewissen Raum für kindliche Entwicklungen und investiert in deren Ausbildung, um in Zukunft noch mehr Reichtum zu erfahren, das begreift auch die ansonsten so begriffstutzige amtierende Bundesregierung. Bei dieser Diskussion darf man nicht vergessen, diese gesellschaftlichen Ansätze sind relativ neu, noch vor nicht länger als 100 Jahren waren Kinder in einer deutschen Fabrik nichts abnormales, und 1945 wurden Kinder in der HJ mit Panzerfäusten versehen, um dann im Kugelhagel der alliierten Streitkräfte umzukommen. Dennoch rechnet es sich für eine Gesellschaft mehr, Kinder auszubilden, anstatt in Fabriken oder im Kriegsgraben zu verheizen.

So sehr verständlich die rachegeprägte öffentliche Diskussion auch sein mag, sie muss dennoch als heuchlerisch angesehen werden. Sobald ein kinderschändender Triebtäter aus dem Gefängnis entlassen wird (aus welchen Gründen auch immer), formieren sich schon besorgte Eltern und veranstalten eine regelrechte Hetzjagd. Dabei finden die allermeisten sexuellen Übergriffe auf Kindern innerhalb der Familie oder des Verwandtenkreises statt. Das Bild vom bösen Pädophilen, der an der nächstbesten Schule ein beliebiges Kind entführt, ist die deutliche Ausnahme. Nochmal zum Festhalten: die allermeisten pädophilen Übergriffe finden im familiären Kreis statt. Der entlassene Päderast wir gehetzt, aber wenn in einer Familie ein sexueller Übergriff statt findet? Meinen Sie, da wird mit dem selben Elan diskutiert, oder denken Sie, die Familie hüllt das Ganze mit Schweigen ein, auf das ja nicht die Nachbarn was mitbekommen? Und wenn wir schon bei der Heuchlerei sind, machen Sie mal einen handelsüblichen Katalog eines Versandhauses auf und schauen Sie mal bei Unterwäsche für Kinder nach, eine bessere (Pardon und mit Verlaub) Wichsvorlage findet ein Päderast nur im Internet. Bezeichnend die „Bild“, die es fertig gebracht hatte, einen Hetzartikel gegen Pädophile abzudrucken, und auf der selben Seite „Süße Verona“, also Verona Feldbusch als Kind in einem Bikini, zu veröffentlichen? Denken Sie, dass die Kassiererin im Supermarkt allein nach dem Aussehen entscheiden kann, ob Jemand minderjährig ist? Spielt also die Entwicklung auf dem Modemarkt, die Vorbilder der „Kinderstars“ und die Aufmachung von Kindern als potentielle Käuferschicht vielleicht doch eine Rolle?

Pädophilie als gesellschaftliches Problem

Die NPD versucht mit der Kampagne „Todesstrafe für Kinderschänder“ auf Stimmenfang zu gehen; auch wenn die NPD ihre eigenen Parteimitglieder umbringen müsste (wie im Fall vom Landesvorstandsmitglied der sächsischen NPD, Matthias Paul), nehmen wir ihre Maximalforderung mal versuchsweise für bare Münze. Ein Triebtäter (wie zum Beispiel ein Pädophiler) verübt sein abscheuliches Verbrechen, ohne an die Folgen zu denken, er wird also von seinem Trieb regelrecht getrieben. Dieser Triebtäter schätzt vor und während der Tat nicht seine Auswirkungen ab, aber nach der Tat kommt er gewissemaßen zur Besinnung. Was meinen Sie wird ein Triebtäter machen, wenn die Tat vollbracht ist, er aber weiß, dass er mit dem Tode bestraft wird? Denken Sie er wird das Kind als potentiellen Zeugen laufen lassen, oder gerät er in Versuchung, die Tat zu vertuschen indem er das Kind gar umbringt ? Generell muss man sagen, eine Strafverschärfung verhindert kein einziges Triebverbrechen, es sind Triebtäter. Diese Sanktionierung ist eine Ex-post Betrachtung, also eine Betrachtung nach dem Verbrechen, nachdem das Kind für den Rest seines Lebens gezeichnet ist. Muss die Haltung nicht lauten, den sexuellen Missbrauch zu vermeiden? Also bevor die Tat überhaupt geschieht?

Es gibt Ursachen für Pädophilie (und an dieser Stelle gehen wir nicht darauf ein, da es den Rahmen des Beitrages sprengen würde), Pädophilie ist eine pervertierte, sexuelle Präferenz und sie musss als psychische Krankheit betrachtet werden. In einem Klima voller Hass und Ausgrenzung wird es potentiellen Triebtätern nicht einfach gemacht, über ihre sexuellen Präferenzen zu sprechen. 2005 gab es an der Berliner Charité ein Forschungsprojekt mit dem Namen „Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch“. Das Projekt war schon anfangs mit Unverständnis und regelrechtem Hass aus der Bevölkerung ausgesetzt, sollten da etwa Kinderschänder auch noch behandelt werden?  Wie sehr die Emotionen die Wahrnehmung verzerrten ist eindeutig nachvollziehbar, aber wenig hilfreich. In diesem Projekt wurden Menschen psychisch behandelt, die von sich aus schon wussten, sie haben pädophile Neigungen. Das Ziel des Projektes war nicht die „Richtigstellung sexueller Präferenzen“, sondern lediglich eine Tatvermeidung von den Triebtätern selber.

Um die Position des Autors zu verdeutlichen, Triebtäter sollen nicht mit Samthandschuhen angefasst werden, begeht jemand ein abscheuliches Verbrechen dieser Art, muss der Triebtäter sanktioniert werden. Er soll aber nicht einfach im Gefängnis auf ewig verschwinden, er soll sich mit seinem Verbrechen auseinander setzen, soll verstehen welches Leid er verursacht hat. Und gelangt man zur Einschätzung, der Triebtäter stellt immer noch eine Gefahr dar, dann gehört er eben solange weggesperrt, wie nötig. Dennoch wird in Deutschland eine Diskussion geführt, die sich mehr um eine mögliche Bestrafung dreht, statt sich im Wesentlichen auf die Vermeidung von sexuellem Missbrauch an Kindern zu konzentrieren. Das Motto,“ je doller desto besser“, also eine Verschärfung der Bestrafung, greift nicht bei Triebtätern, wer so was behauptet, versteht die Tat an sich nicht. Kinder sollten, z.B. im Sexualunterricht, beigebracht bekommen, dass es eben nicht in Ordnung ist, wenn Papa (sukzessive Mama, Onkel, Tante, Nachbar etc.) „Liebe“ mit ihnen macht, Kinder sollten im Selbstvertrauen gestärkt werden, um solche Übergriffe zu melden. Auf der anderen Seite sollten potentiellen Triebtätern verdeutlicht werden, dass sie eine pervertierte Neigung haben und das sie psychologische Hilfe benötigen, weil sie eben psychisch krank sind. Ein Klima voller Hass und Ausgrenzung dient eher der Tatvertuschung als zur Aufklärung. Kurzum, wir benötigen eine neue Qualität in der öffentlichen Diskussion, zum Schutze der Kinder.

3 Comments
  1. Reply
    Daki 30. August 2010 at 18:16

    Ein Pädophiler und ein Kinderschänder haben genauso viel gemeinsam, wie ein heterosexueller Mann und ein Vergewaltiger von erwachsenen Frauen.
    Pädophil heißt lediglich das man auf Kinder steht, nicht das man Kinder vergewaltigt/missbraucht.
    Jeder 100. Kerl ist richtig pädophil, d. h. er steht nur auf Kinder, weitere 29%(manche Statistiken sagen auch 25%) der Kerle stehen mehrheitlich auf junge Mädchen.
    Wenn Pädophiler und Kinderschänder das selbe wären, würde das bedeuten, dass mindestens jedes 3. Kind ein Opfer ist, will heißen, dass die meisten Pädophilen ein Leben ohne Sex führen.
    Für diejenigen, die es sich noch nicht denken können, ich bin pädophil und auch ich hasse Vergewaltiger und Mörder von Kindern mehr als alles andere.

  2. Reply
    Daki 19. Oktober 2010 at 15:03

    [quote]Es gibt Ursachen für Pädophilie , Pädophilie ist eine pervertierte, sexuelle Präferenz und sie musss als psychische Krankheit betrachtet werden.[/quote]
    Bei mir gab es keine Ursache, ich war schon immer pädophil. eine Krankheit ist es ebenfalls nicht, lediglich eine Sexualstörung, genauso wie die Homosexualität und alles was der Fortpflanzung im Weg steht.
    Dieser Artikel wirkt eher so, als würde er auf den Ersatzhandlungstäter zutreffen als auf einen Pädoiphilen, dieser täter ist in seiner Beziehung mit einer erwachsenen Frau unglücklich, weil er kaum Sex mit dieser bekommt und sucht sich dementsprechend ein kleines Mädchen als Ersatz.

  3. Reply
    Cet 11. März 2011 at 23:08

    Hallo,
    hab grad dein Kommentar gelesen und ich gib dir vollkoommen recht, aber viele wissen das nicht. bis vor ein paar wochen hab ich Pädophile Menschen gehasst, ich war der Meinung das alle weggesperrt gehören (tut mir leid). Ich wusste aber nicht genau was es ist, momentan mach ich ein Fachreferat über Pädophilie und hab mich dementsprechend auch darüber informiert.
    Aber ich hasse dinge aus dem Internet rausschreiben zu müssen, ich wollte dich fragen ob ich dir paar fragen stellen könnte.

Hinterlasse einen Kommentar