Bei Auseinandersetzungen in der Provinz Abyei im Sudan kamen bislang über 30 Menschen ums Leben, darunter Polizisten wie Demonstranten. Die Menschen in der Provinz Abyei sollten im Rahmen der Abstimmung über die Unabhängigkeit des Südsudan mit entscheiden, ob sie zum Norden (und damit der Zentralregierung in Khartum) oder der südsudanesischen Seite gezählt werden sollten. Es entbrannten Streitigkeiten um das Stimmrecht vieler Nomaden, so dass das Referendum in der Provinz Abyei abgesagt wurde. Im übrigen Teil des Südens läuft das Volksreferendum über die Abspaltung des Südsudan seit dem 9. Januar.
Die Provinz Abyei ist reich an Erdölvorkommen und hat immens wichtige Weidefelder vorzuweisen. Die Streitigkeiten zwischen der Zentralregierung in Khartum und den Nachfolgern der separatistischen SPML/A aus dem Süden führten gar 2008, drei Jahre nach dem Friedensvertrag von 2005, zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen dem Süden und dem Norden, die Ortschaft Abyei wurde nahezu vollkommen zerstört, zigtausende Menschen wurden vertrieben. Erst ein Schiedsspruch des Ständigen Schiedshofes in Den Haag brachte eine Aufteilung der Provinz mit sich, beide Seiten akzeptierten die vorgeschlagene Teilung.
Die aktuellen Vorgänge in der Provinz Abyei bleiben undurchsichtig, nach einer Meldung der BBC bezeugen Mitglieder der südsudanesischen Bewegung einen Angriff der so genannten Misseriye (Volksstamm, muslimisch und zum größten teil der Zentralregierung ergeben) auf Polizisten der südsudanesischen Seite. Andere Berichte gehen hingegen von einem Angriff christlicher Gruppen auf die Misseriye aus.
Die Provinz Abyei könnte eine zentrale Rolle im Konflikt zwischen Sudan und Südsudan einnehmen, beide Seiten haben vitale Interessen an den Erdölfeldern. Im Gegenzug verläuft das Referendum in den anderen Gebieten relativ ruhig ab, doch westliche Reporter konnten vor Ort nachweisen, dass die Abstimmungen auf beiden Seiten manipuliert werden. So werden selbst die Stimmen der gefallenen Soldaten gezählt. Insgesamt sind 3,6 Millionen Menschen aus Südsudan aufgerufen, über die Unabhängigkeit zu entscheiden.
Präsident Omar Bashir hatte angekündigt das Ergebnis ohne Widerspruch akzeptieren zu wollen, auch wenn er vor einer destabilisierenden Wirkung eines unabhängigen Südsudan warnte. Der Anführere der Südsudanesen, Salva Kiir, rief zur Besonnenheit auf. Die Auswertung der Abstimmung wird ca. vier Wochen benötigen. Die meisten Beobachter gehen von einem deutlichen Votum für die Unabhängigkeit des Südsudan aus.
Doch wie die Lage nach der Abspaltung aussehen wird, bleibt fraglich. Viele Südsudanesen sind in den vergangenen Jahren, zwangsweise oder freiwillig, in den Norden gezogen. Auf der anderen Seite haben sich Nomadenstämme sesshaft gemacht, doch „ihre“ Gebiete werden nicht anerkannt. Zudem versuchen auch andere Regionen im Vielvölkerstaat Sudan sich abzutrennen (Darfur und Ostsudan). Doch dieses Modell darf kein Beispiel für andere Bewegungen sein, die allermeisten Staaten in Afrika sind Vielvölkerstaaten, eine Unabhängigkeit aller einzelnen Stämme würde ein Blutbad ungeahnten Ausmaßes voraussetzen.