Ein Beitrag von Grzegorz Wasiluk (Freier Autor aus Polen)
Die größte polnische Nationaltragödie nach 1945 war zweifellos der Bürgerkrieg zwischen Kommunisten und Anti-Kommunisten (1945-48) und das Zeitalter des Stalinismus (bis 1956). Damals kamen Tausende ums Leben und Zehntausende fielen brutalen Verfolgungen zum Opfer. Dann (1981-83) kam das Kriegsrecht und hier fielen etwa 200 Todesopfer an und eine Million polnische Bürger wurde ins Exil vertrieben. Am 10. April 2010 war im Wald bei Smolensk das Regierungsflugzeug abgestürzt und alle seine 97 Insassen (darunter der Präsident Lech Kaczynski mit Ehefrau) – Spitzenfunktionäre des polnischen Staates, Flieger und Stewardessen waren tot. Das ist aber unglücklicherweise kein Ende der tragischen Ereignisse, denn jetzt ist aus diesem Grund in der polnischen Politik die Hölle los. Hölle der ungesunden politischen Leidenschaften. Seit der schrecklichen Katastrophe geben die Anhänger von PiS (Recht und Gerechtigkeit – Partei des tragisch gestorbenen Präsidenten und seines Zwillingsbruders), die mit Radio Maryja (Rundfunk Maria) und „Nasz Dziennik“ (Unsere Tageszeitung) verbunden sind oder einfach dort als Journalisten und Moderatoren arbeiten, zu Verstehen, dass die Russen und die aktuelle polnische Regierung diejenigen sind, die die Katastrophe (absichtlich oder durch Fahrlässigkeit) verursacht hätten.
Die Anhänger der Medien von Priester Rydzyk sind blind und stumm gegenüber der Tatsache, dass ein solches Flugzeug, schwer und unwendig, gar nicht versuchen sollte im dichten Nebel zu landen. In den letzten Tagen ist der bedauernswerte Streit noch schärfer geworden als die Flugschreiber-Aufzeichnungen der letzten Stunde der Regierungs-Tu-154 im Web-Portal des polnischen Innenministerium veröffentlicht wurden. Es ist gilt jetzt als bewiesen, was seit Anfang an als die wahrscheinlichste Ursache der Katastrophe galt; die Piloten haben dem Druck seiner Passagiere folgend die Sicherheitsmaßnahmen bagatellisiert.
Wieso? Die Erklärung kann man in der Außenpolitik der Gebrüder Kaczynski finden. Es war die sog. Geschichts-Politik und Energiepolitik, die den russischen (und manchmal auch deutschen) Interessen zuwider lief. Die Politik blieb (aus vielen verschiedenen Gründen) erfolglos, hat jedoch Beziehungen mit den zwei Nachbarstaaten Polens vergiftet. Auch wenn die Regierung von Donald Tusk allmählich die Beziehungen bedeutend verbessert, blieb immer noch eine offene Wunde, nämlich auf der Linie Warschau-Minsk. Die Politik der Ausnutzung des Bundes der Polen in Weißrussland gegen Alexander Lukaschenko (den nennt man den letzten Diktator Europas) hat (um wahr zu sagen) auf der ganzen Linie versagt. Das weissrussische Staatsoberhaupt sitzt weiter fest in seinem Stuhl und die Polen in seinem Staat haben (um mild zu sagen) nichts damit gewonnen. In der auf diese Weise entstandenen politischen Lage war es für den wichtigsten Passagier des Tu-154 nicht hinnehmbar in Minsk oder Witebsk zu landen und dann in der Schuld von Lukaschenko zu stehen. Es war auch überall bekannt, dass er auch nicht mit Putin zusammentreffen wollte; daher war auch Moskau für ihn als Landeplatz ungelegen. Jetzt gibt es eine Bestätigung der Zusammenhänge. In den Flugschreiber-Aufzeichnungen steht klar, dass in der Piloten-Kabine während des Landungsversuches unbefugte Personen anwesend waren und Druck ausübten, um das fast Unmögliche zu versuchen. Für Anhänger der PiS ist das eine Schreckensbotschaft und sie werden alles tun, um sie zu bestreiten. Denn es geht um die Macht, d. h. um das Präsidentenamt, das in Polen ziemlich viel Macht hat und um ihren Kandidaten Jaroslaw Kaczynski.
Sie werden alles tun und das ist für Polen selbst gefährlich . Seit Wochen sprechen und schreiben sie , die Russen verfälschen das ganze Beweismaterial zusammen mit der Regierung von Premierminister Tusk. Das spiegelt die alte Ängste, vornehmlich der alten Bürger vor den zwei großen Nachbarvölkern, wieder und wirkt auch als Resonanz der verstockten Ressentiments. „Die gottverdammten Russen-Kommunisten haben unseren Präsidenten ermordet und die Schuften stehen unter einem Dach mit den deutschfreundlichen Verrätern in der Regierung“ – das schreien etliche polnische Rentner, die täglich privat den Rundfunk Maria hören. Das könnte sogar die neueste polnisch-russische Annäherung zerstören und dann… Dann wird Polen wahrscheinlich einfach in Stich gelassen (wie es in der polnischen Geschichte fast jedes Mal der Fall war), denn gute Beziehungen zu Moskau sind für Westmächte jetzt sehr wichtig. Am traurigsten dabei wäre, dass der tragisch gestorbene polnische Präsident nach Smolensk flog um über das Grab der polnischen Offizieren in Katyn zu trauern, die im Befehl von Stalin rechtswidrig umgebracht wurden, jedoch auf seine eigene Weise eine polnisch-russische Versöhnung zu beginnen und sein Land vor solchen Sackgassen zu retten.